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Sensationsfund: Wasserpegel

Der sensationelle Fund einer gußeisernen Wassermarkierung eines Jahrhunderthochwassers am 24.11.1890 kann durch einen geschichtsträchtigen Hintergrund und durch verschiedene zeitgenössische Berichte bereichert werden.

Von Dr. Theo Bönemann, Fotos: Ingenieurbüro Hagen, Martina Drolshagen, Westfalenpost vom 22.12.04

Marke-neu

Gußeiserne Wasserstandsmarke an der Hönne vom 14.11.1890

Im November des Jahres 1890 berichteten die Zeitungen über eine Sturzflut, die das nördliche Sauerland heimgesucht hatte. Die Bemühungen der Städte Balve und Menden um Straßenausbesserungen wurden in jenem Jahr offenbar durch Unwetter vereitelt. Der «Westfälische Anzeiger» in Menden berichtete von gewaltigen Niederschlägen im ganzen Reich. Die Ernte war durch Regen weitgehend zerstört, die Erde bereits von Regenwasser gesättigt, als in den Wintermonaten ein weiterer Regensturz niederging, der als „Katharinenflut” in der lokalen Geschichte (z.B. Arnsberg, Ense, Menden) bekannt ist. Am 23. - 25. November 1890 traten alle regionalen Flüße meterhoch über ihre Ufer. So schwoll allein der Möhnefluß bis zu 3 Meter an und erreichte eine Höhe, die an die Möhnekatastrophe am Ende des II. Weltkrieges erinnert. Weniger katastrophal verlief die Katharinenflut in Menden.

Mauer

Nahezu unerkannt und versteckt bis zum Jahre 2004, hätten Sie die Tafel entdeckt?

Die Ruhr und ihre Nebenflüsse waren nicht mehr im Stande, die Wassermassen vom späten November aufzunehmen. Sonst friedliche Flüsse überschwemmten Flußauen und am Wasser gebaute Siedlungen. Die Böden waren wassergetränkt. Im Hönnetal kam die Eigenschaft der mangelhaften Wasserspeicherung im Massenkalk hinzu. Liegen solche Naturbedingungen vor, wird die sonst friedlich fließende Hönne zu einem reißenden Strom. Erinnert sei an ihre sonstige Friedlichkeit: “Es ist eine gefährliche Wanderschaft; das Thal klemmt sich immer wilder und düstrer endlich zur engen Schlucht zusammen, die schmale Hönne rauscht pfeilschnell unten über kantige Felsbrocken, aufbrodelnd und Streichwellen über den Fußweg schleudernd, bis endlich aus tiefem Kessel uns das Gebrause und Schäumen einer Mahlmühle [Klusenstein] entgegen stürmen. Hier ist die Fährlichkeit überwunden, eine kühne kuppige Felswand springt vor uns auf, drüben ragen die Ringmauern und Trümmer der alten Burg, aus der ein neueres Wohnhaus wie ein wohlhabiger Pächter einer alten Ritterherrlichkeit hervorlugt”, beschrieben im Jahre 1841 Ferdinand Freiligrath und Levin Schücking eine Wanderung durch das Tal.

Im November 1890 kam es zur Katastrophe: „Von allen Seiten laufen schlimme Nachrichten ein, welche das Hochwasser an allen Flüssen und Bächen Nordwestdeutschlands angerichtet hat.“ Am 24. November stand das Wasser noch 2 Fuß unter der Brücke zur Mühle Ebbinghaus. In der Nacht war es aber so hoch angestiegen, daß die Anwohner des Hauses sich nur unter größter Lebensgefahr haben retten können. Bereits morgens waren die steinerne und weitere drei hölzerne Brücken fortgerissen worden. Hier war sogar das ganze Holz mitgerissen worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte eine mehrere Meter hohe Flutwelle auch alle Schleusen und Wehre im ganzen Hönnetal vernichtet. „Jahrelanger Fleiß der biederen und strebsamen Bewohner des Hönnethales ist in einer Nacht vernichtet“ worden. Das Hochwasser der Hönne war gegen Mittag des 24.11.1890 auf ihrem Höchststand, wie die damals Alten sie noch nie erlebt hatten. Dieses Datum ist an der gußeisernen jüngst gefundenen Wassermarkierung eingegossen.

Kellerfenster

Heute halb eingetiefte Kellerfenster, die durch Straßenaufpflasterung immer mehr verschwinden

In der Nähe der Mühle Klusenstein war die wieder hergestellte Hönnetalstraße an zwei Teilstücken durchbrochen, so daß die Postkutsche nicht mehr fahren konnte. „Von Rödinghausen bis Menden glich das Thal einem See. Die neue Eisengießerei bei Lendringsen [Rödinghausen, 1890 eingeweiht] stand unter Wasser.“ Auch die bei der Firma Eichelberg in die Hönne mündende Oese hatte im oberhalb gelegenen Tal in Richtung Hemer große Verwüstungen angerichtet. „An der Stadt Menden ging die drohendste Gefahr, welche darin bestand, daß die oberhalb gelegene Mühlengraben-Schleuse durchbrochen worden wäre, mit dem Sinken des Wassers noch im letzten drohenden Augenblick glücklich vorüber.“

Unterhalb der Stadt Menden war die Hönnebrücke [neben Bäcker Becker] an der heutigen Unnaer Straße so beschädigt, daß eine bedeutende Reparatur nötig wurde. Die Firmen der Herren Schmöle standen unter Wasser. In Bösperde wurde eine eiserne Brücke auf dem Weg zum Neuwalzwerk niedergerissen und ein Teil des Glühhauses fortgerissen. Im Drahtwerk Bösperde stand das Wasser 60 cm hoch. Am heftigsten traf es wohl die Fröndenberger. Hier vereinigte sich die Hönne mit der Ruhr. Ein Rückstau entstand, da das Wasser nicht schnell genug abfließen konnte. Das Hochwasser der Ruhr hatte außerdem oberhalb liegende Strohberge der Firma Himmelmann hinweggespült, die Brücke an der Gaststätte Suhrmann verstopft und sie zum Einsturz gebracht. Ebenso erging es der eiserne Bahnbrücke nach Menden. Der Verkehr zwischen Menden und Fröndenberg wurde über Langschede abgewickelt, denn auch die Brücke in Wickede war zerstört worden. Bis zur vollständigen Wiederherstellung der Eisenbahnbrücke in Fröndenberg mußten die Reisenden den Weg über Suhrmanns private Ruhrbrücke nehmen, die, notdürftig wiederhergestellt, nur Fußgängern den Übergang erlaubte.

Der Reporter des Zeitungsberichtes nahm sich auch der geschädigten Bürger an: „Sehr zu beklagen sind die weniger Bemittelten, denn die Vorräthe in den Kellern, namentlich die theuren Kartoffeln, durch das Wasser verdorben wurden.“ Am 27. November gab es die erste positive Meldung: „Heute Morgen traf erfreulicherweise die Personenpost von Balve, welche Verbindung seit dem 24. d. [des Monats] durch das Hochwasser unterbrochen war, zur gewohnten Stunde hier wieder ein. Da der Eisenbahnverkehr durch den Brückeneinsturz bei Fröndenberg von hier mit dem Sauerlande gänzlich unterbrochen ist, so befinden wir uns jetzt in der glücklichen Lage, durch die Post doch wieder einigermaßen mit unserem Nachbarkreise Arnsberg in Verbindung treten zu können.“

Wilhelmstraße-1

Ehemaliges Überschwemmungsgebiet bis zur Aufschüttung/ zum Bau der Balver Straße um 1810 an der Wilhelmstraße, etwa 1,80 Meter unter Straßenniveau

Die ersten Siedler Mendens waren offensichtlich klug und weise gewesen, als sie ihre Wohnstätten und die katholische Kirche auf erhöhtem Terrain errichteten. Oberhalb der Hochwasserlinie drohte im Schutz der Kirche keine Gefahr vor Fluten. Doch bereits die ersten Hausbauten vor den heutigen Stufen der St.-Vincenz-Kirche verlangten geeignete Schutzvorkehrungen, an die sich aber nicht alle Bürger hielten. Die Bauherren dachten sicherlich auch an Hochwasser, da sie ihre Hauskeller zur zum Teil in das Erdreich eintieften. Beispielsweise sind das Haus Biggeleben von 1730 (heute Museum), das Haus Henninghaus (Synagogengasse), das Haus Hammerschmidt (Wasserstraße) und das Haus Pferdekämper (Abbruch 1971) an der Hauptstraße zu nennen, die mit halbeingetieftem Keller und einer mehrstufigen Außentreppe ausgestattet waren. Ein heutiger Gang durch die Haupt-, Wasser- und Vincenzstraße macht auch deutlich, daß viele Häuser heute relativ sich stark eingetieft repräsentieren. Der Schein trügt aber, da die Straßenbauer im Laufe der Zeit die Straßendecke immer wieder durch neuen Straßenaufpflasterungen und Teerdecken höher gelegt haben: Manche Kellerfenster und Hausstufen sind durch Straßenpflaster halb versteckt. Auch die Bahnhof- (bis 1890 Mühlenstraße genannt), die Haupt- und Unnaerstraße sind durch das anfallenden Bruchstein der niedergelegten Stadtmauer aufgefüllt worden. Die Gefahr der Überflutung der Altstadt war demnach beachtlich und nicht wirklichkeitsfern. Auch der Obergraben konnte sich leicht durch das Mühlentor in die Stadt ergießen, denn er lag mit den Stadtgräben und der Altstadt auf etwa gleichem Niveau. Große Gefahr ging bei Hochwasser von der alten Bahnhofsbrücke aus, die die Wirkung eines Wehres besaß. Der dreibogige Steinbau hatte nur eine geringe Gesamtöffnung, so daß eine Sturzflut wie die Katharinenflut mächtig gebremst wurde und die Stadt mit Sicherheit überflutet wurde.

Aufschluß über die Höhe der Katharinenflut innerhalb der Stadt geben die Meßpunkte. Der Meßpegel am Rathaus von 1912 liegt bei 139,60 Meter NN, während die Meßmarke am Bahnhof bei 139,30 Meter NN und die gefundene Meßmarke bei ca. 138,40 Meter NN liegen. Die geringe Differenz zwischen Rathaus und Bahnhof von lediglich 30 cm macht deutlich, daß einmal in die Bahnhofstraße eingetretenes Hochwasser auch schnell bis zur Kirche vorstößt. Reduziert man den Meßpunkt am Rathaus auf das Straßenniveau um 60 cm, also auf 139 Meter NN, muß bei der Katharinenflut davon ausgegangen werden, daß das Hochwasser wohl kaum in die Bahnhofstraße vorgedrungen ist. Betrachtet man aber das Straßenniveau von vor 1800, also ohne die Auffüllung der Straßen, so wäre die Flut von 1890 weit in die Stadt geströmt. Die Katharinenflut von 1890 war aber sicherlich nicht die höchste im Hönnetal. So wurde beispielsweise Balve oft gänzlich überschwemmt, gelegentlich bis zu Mannshöhe. Dort hatte die Hönne im 18. Jh. sogar die Stadtmauer durchbrochen. Im 14. Jh. hatte die Hönne einen Nachbarort von Garbeck, Brockhausen, vollständig und dauerhaft dem Boden gleichgemacht!

BalverStraße

Von Hochwasser gefährdete Wohnhäuser an der Balver Straße

Im obigen Zeitungsbericht von 1890 ist die Rede von einem See, der von Oberrödinghausen bis Menden gereicht hat. Ein Blick in die erste amtliche Vermessungskarte von 1829 zeigt an, daß das gesamte Terrain zwischen Lendringsen und Hüingsen lediglich als Wiesen, Weiden und wenig als Ackerland genutzt wurde. In diesem Talabschnitt standen nur das Haus Rödinghausen und das alte Walzwerk Eine Wohnbebauung in diesem oft sumpfigen Gelände war nicht angeraten. Erst am Ende des 19. Jhs. befaßte man sich mit der Bebauung der Lendringser Hauptstraße.

Erst zu Beginn des 19. Jhs. war die Balver Straße auf das heutige Niveau aufgeschüttet worden. Bis dahin wurde die heutige Oberstadt immer wieder überflutet. Sie lag wesentlich tiefer als es das heutige Straßenpflaster anzeigt. Erst der Bau der Chaussee nach Iserlohn um Jahre 1808 (heute Kolpingstraße und Iserlohner Straße) und der allgemeine Straßenbau boten sicheren Schutz für die geplanten Neubauten in der Oberstadt. Dort zeigen einige Grundstücke das ursprüngliche Niveau der Gärten an. Auch die Battenfeldwiese wurde in den Sechziger Jahren(?) durch Aufschotterung als Ausgleichsfläche für Hochwasser erhöht. Daher werden die Häuser an der Balver Straße noch heute umsomehr vom Hochwasser heimgesucht. Hausbesitzer wissen, daß ihre Keller feucht werden, wenn das Grundwasser steigt. Druckpumpen sorgen dann für Abhilfe. Nicht zu vergessen ist aber auch die Freude von Jugendlichen, für die das Befahren des Kellers mit einer Badewanne an der Balver Straße ein Heidenspaß war, so berichtete der verstorbene Lehrer Rickert.

Die Lage im Kirchenbering war immer sicher vor Fluten. Als aber die Stadtmauer zu Beginn des 19. Jhs. abgerissen wurde, wurde auch deutlich, daß der kleine Werringser Bach erhebliche Gefahren barg. Nachdem der obere Stadtgraben über Jahrhunderte Quell- und Oberflächenwasser aufgenommen hatte, drohte er im 19. Jh. mehr und mehr zu verfallen. 1860 beschwerte sich der Lehrer Rose, daß die verstopften Abzugsgräben an den dortigen Gärten durch die Stadt zu reinigen seien. Häufig verstopfte Wasserabzugsgräben und Straßenrinnen waren voll von Unrat und trieben dann unkontrolliert dem Obergraben zu. Wegen des geringen Gefälles der Straßen mußten die Entwässerungsgräben wöchentlich zweimal gereinigt werden. Nicht selten ergoß sich im 19. Jahrhundert nach Sturzregen rotes Schlammwasser vom Rotenberg in die Stadt und sogar in die St.-Vincenz-Kirche.

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